Erbe Pflichtteil
Geht es um ein Erbe, ist oftmals auch das Thema Pflichtteil relevant, da dieses direkten Einfluss auf die Verteilung des Nachlasses haben kann. Der Ursprung des Pflichtteils findet sich bereits in der Gesetzgebung des römischen Rechts, so dass der Pflichtteil auf einer jahrhundertelangen Tradition beruht. Im Zuge dessen soll auf juristischer Ebene dafür Sorge getragen werden, dass die nächsten Angehörigen eines verstorbenen Erblassers unabhängig von dessen letzten Willen eine Mindestbeteiligung am Nachlass erhalten.
Inhaltsverzeichnis
Das Pflichtteilsrecht und die Testierfreiheit
In der Praxis sorgt das Pflichtteilsrecht somit dafür, dass die nächsten Angehörigen im Erbfall nicht leer ausgehen. Hat der verstorbene Erblasser sie in seinem Testament mit keinem Anteil am Erbe bedacht, bildet der Pflichtteil einen drastischen Widerspruch zum letzten Willen. Auf den ersten Blick entsteht so der Eindruck, dass der Pflichtteil nicht mit dem Erbrecht der Bundesrepublik Deutschland vereinbar ist, weil dieses auf der Testierfreiheit gemäß § 1937 BGB basiert. Demnach ist es dem Erblasser freigestellt, mit einer Verfügung von Todes wegen die Erben selbst zu bestimmen. Das in §§ 2303 bis 2338 BGB definierte Pflichtteilsrecht macht vielen Testatoren gewissermaßen einen Strich durch die Rechnung, weil es den nach § 2303 BGB pflichtteilsberechtigten Personen eine Mindestbeteiligung am Erbe gesetzlich zusichert.
Eine Pflichtteilsentziehung testamentarisch anordnen
Wer sich mit dem Erbrecht befasst und seinen letzten Willen in einem Testament definiert, möchte natürlich, dass diesem nach seinem Tod entsprochen wird und der Nachlass dementsprechend unter den testamentarisch benannten Erben aufgeteilt wird. Der Pflichtteil ist künftigen Erblassern daher verständlicherweise ein Dorn im Auge. Nichtsdestotrotz hat das Pflichtteilsrecht seine Daseinsberechtigung und erfüllt einen wichtigen Zweck. Auf diese Art und Weise trägt der deutsche Gesetzgeber dem Umstand Rechnung, dass die Abkömmlinge und andere nahe Angehörige gewissermaßen natürliche Erben sind.
Grundsätzlich hat man als Testator keine Handhabe gegen den Pflichtteil und muss akzeptieren, dass das Pflichtteilsrecht Einfluss auf das Erbe nimmt. Unter wenigen Voraussetzungen besteht allerdings die Möglichkeit, eine Pflichtteilsentziehung testamentarisch anzuordnen. Hat sich der betreffende Erbe einer der in § 2333 BGB angeführten Gründe für die Entziehung des Pflichtteils schuldig gemacht, kann vom Pflichtteilsrecht Abstand genommen werden, sofern dies der letzte Wille des Erblassers ist. Testatoren, die von der gesetzlichen Möglichkeit der Pflichtteilsentziehung Gebrauch machen möchten, sollten daher die Gesetzgebung kennen und sich ausführlich beraten lassen, um festzustellen, ob und inwiefern eine Pflichtteilsentziehung möglich ist.
Der Pflichtteil und gemeinschaftliche Testamente
Ehegatten und eingetragene Lebenspartner, die sich für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments entscheiden, setzen sich gegenseitig als Alleinerben ein und wollen so sicherstellen, dass dem Längerlebenden nach dem Ableben des Erstversterbenden das gesamte Erbe erhalten bleibt. Die Abkömmlinge und etwaige andere Erben werden im Zuge dessen enterbt, können jedoch das Pflichtteilsrecht nutzen und trotz Berliner Testament ihren Pflichtteilsanspruch geltend machen.
Pflichtteilsstrafklauseln im Berliner Testament
Auch im Rahmen eines Berliner Testaments kann man das Pflichtteilsrecht der Kinder nicht außer Kraft setzen, so dass nach dem Tod des ersten Erblassers das Risiko besteht, dass die Kinder auf ihr Erbe bestehen und immerhin eine Mindestbeteiligung am Nachlass erhalten können, obwohl dieser dem gemeinschaftlichen Testament entsprechend zunächst komplett an den Längerlebenden gehen soll. Eine Pflichtteilsstrafklausel kann jedoch dazu beitragen, dass sich die Kinder gedulden, schließlich werden sie nach dem Ableben des Längerlebenden ganz ohne Pflichtteil am Erbe beteiligt.